Rockers in the mist
Textentwurf im Zusammenhang mit dem Ausstellungsprojekt, halbstark, Photographien von Karlheinz Weinberger, Museum für Gestaltung Zürich, 2005
Nietzsche hätte die Halbstarken wohl als «unhistorische Menschen» bezeichnet. In seiner frühen Schrift «Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben» polemisiert er gegen Hegel und die Geschichtsphilosophie und er beschwört die Jugend, ihre Erkenntnisse im Leben zu gewinnen, statt eine Menge unverdaulicher Wissenssteine mit sich herumzuschleppen, «…die dann bei Gelegenheit auch ordentlich im Leibe rumpeln». Der Appell des jungen Altphilologen erreicht die Halbstarken nie, führt sie doch ihr Bildungsweg nicht mal zu jenen Wissenssteinen, die gegen das Leben ins Gewicht fallen könnten. Die neuen Aufstiegsmöglichkeiten in der wirtschaftlich prosperierenden Nachkriegszeit haben für sie keinen Anreiz und entsprechend wenig kümmern sie sich um Bildung und Karriere. Im Gegenteil: Sie verwenden ihren Ehrgeiz darauf, einen Stil zu pflegen, der sie mit amerikanischen Landarbeitern und Schwarzen verbindet. Über dieses «Herausputzen nach unten» erschliessen sie für sich den verheissungsvollen Mehrwert von Freiheit und Abenteuer.